F&E Optimierung Remote – Heraus­forderungen, Stolpersteine und Lösungen im virtuellen Raum

06/04/2021

Gestärkt aus der Krise hervorgehen

Die Corona-Pandemie hat die Welt völlig unvorbereitet getroffen und stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. Nachfrageausfall bzw. -veränderung, Liquiditäts- und Finanzierungsengpässe sowie eine unvollständige Digitalisierung von Arbeitsabläufen und Prozessen gehören zu den aktuellen Problemstellungen vieler Unternehmen – insbesondere der kleinen und mittleren.
Auch im F&E Bereich sind die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf aktuelle und geplante unternehmerische Aktivitäten spürbar. Es kommt zur Verschiebung oder Verlängerung der Projektlaufzeit, mitunter werden Projekte inhaltlich angepasst oder sogar unterbrochen.
Damit ein Unternehmen gestärkt aus der Krise hervorgehen kann, muss es jetzt handeln und im Hinblick auf die F&E-Aktivitäten die richtigen Folgen und Schlüsse ziehen. Mit unserem Ansatz zur virtuellen F&E Optimierung helfen wir Ihnen dabei und heben Geschwindigkeit, Effizienz und Reife der F&E auf ein neues Level.
Die rein virtuelle Durchführung von Workshops berücksichtigt die Zusammenarbeit in verteilten Teams infolge von Homeoffice und der Vermeidung von Dienstreisen. Mit klar definierten Spielregeln und unserer Erfahrung wissen wir, wie man als Team online effektiv und kreativ zusammenarbeitet.

In diesem F&E Insight-Artikel werden die ersten drei der fünf notwendigen Phasen einer virtuellen F&E Optimierung ausführlicher beschrieben. Für weiterführende Informationen nehmen Sie bitte Kontakt zu unseren Optimierungsexperten auf.
Die Kontaktinformationen finden Sie am Ende des Artikels.

Ansatz einer virtuellen F&E Optimierung

Der 3DSE Ansatz zur virtuellen F&E Optimierung (siehe Abb. 1) nutzt das inhärente Wissen Ihres Unternehmens, branchenübergreifende Best Practices und die Innovation Cell™ MethodikJede F&E Optimierung gleicht einem Baukasten, der aus verschiedenen Methoden besteht und für jedes Projekt spezifisch an die jeweiligen Rahmenbedingungen angepasst wird. In rund sechs Wochen erarbeiten wir mit Ihnen konkrete Handlungsfelder und bringen diese zur Umsetzungsentscheidung.
Vor Projektstart wird eine interne Zielvereinbarung aufgesetzt. Diese beinhaltet die Projektziele, die involvierten Personen und den offiziellen Auftrag des Sponsors (meist mittleres bis Top Management) an die Teammitglieder. Die Zielvereinbarung ist ein wichtiges Instrument, um ein hohes Commitment des Kernteams sicherzustellen und das mit der Vereinbarung verbundene Mandat nach außen hin sichtbar zu machen.

Abbildung 1: Die fünf Phasen einer virtuellen F&E Optimierung.

Calibration & Baselining

Die virtuelle F&E Optimierung beginnt mit der Calibration & Baselining Phase. Ziel dieser Phase ist es, die Ist-Situation der Organisation zu verstehen und eine sogenannte Baseline als Absprungbasis zu etablieren. Dazu werden in zwei virtuellen Workshop-Tagen Schritt für Schritt die folgenden Inhalte erarbeitet:

  • Erfolgsfaktoren aus externer und interner Perspektive zur Erreichung der Projektziele
  • Heatmap mit wichtigen Handlungsfeldern basierend auf der Bewertung von Good Practices aus dem 3DSE Referenzmodell
  • Kritischer Pfad inklusive Risikoidentifizierung und -bewertung
  • Marketing Broschüren

In dieser ersten Phase sollen die aktuellen Herausforderungen auf den Tisch gebracht und offen diskutiert werden. Dazu muss auch im virtuellen Umfeld, wo die direkte Interaktion zwischen den Teilnehmern fehlt, eine Vertrauensbasis geschaffen und das Wir-Gefühl gestärkt werden. Hierfür werden verschiedene Methoden, Formate und Medien im Workshop eingesetzt (siehe Abb. 2), um die aktive Teilnahme zu befördern und die Herausforderungen aus verschiedenen Blickwinkeln immer wieder neu zu betrachten („Reframing“) und zur Aussprache zu bringen.

Abbildung 2: Agenda eines Workshop Tages inkl. eingesetzter Formate (Screenshot aus Tool „Miro“).


Zu Beginn des virtuellen Workshops werden Erfolgsfaktoren mit Hilfe von MindManager oder digitalen Whiteboards, wie „Miro“ oder „MURAL“, gesammelt und geclustert. Vorteilhaft an digitalen Whiteboards ist, dass auch zurückhaltende oder introvertierte Teilnehmer aus der Reserve gelockt werden, da alle Teilnehmer ihre Erfolgsfaktoren zum gleichen Zeitpunkt niederschreiben. Anschließend werden Good Practices aus dem 3DSE Referenzmodell in einer Plenumssession gemeinsam analysiert und bewertet. Dabei kommt ein Excel Tool zum Einsatz, das eine Auswertung und Visualisierung der Ergebnisse in Echtzeit ermöglicht (siehe Abb. 3).

Abbildung 3: Toolgestützte Analyse (links) und Bewertung mit Visualisierung (rechts) von Good Practices aus dem 3DSE Referenzmodell.

Für die Erstellung eines kritischen Pfads kommt ein digitales Whiteboard zum Einsatz, über das alle Teilnehmer zusammenarbeiten. Alternativ wird ein Hybridformat aus analogen und digitalen Tools genutzt. Dabei wird der kritische Pfad auf einer Metaplanwand erstellt und mit einer Kamera aufgenommen (siehe Abb. 4).
Über einen großen Bildschirm sind die Teilnehmer mit eingeschalteter Videokamera zugeschaltet und verfolgen die Erstellung des kritischen Pfads live mit. Die Teilnehmer werden vom Moderator aktiv eingebunden und haben so das Gefühl, Teil des Geschehens zu sein. Entlang des kritischen Pfads wird anschließend eine Risikoanalyse und -bewertung vorgenommen, deren Ergebnisse in eine toolgestützte Risikosimulation einfließen. Mit den daraus ausgeleiteten Risikoprofilen lässt sich eine Gesamtaussage zum Projektrisiko treffen.

Analysephase

Mit der rund einwöchigen Analysephase werden die im Calibration & Baseline Workshop gewonnen Erkenntnisse im Rahmen von Stakeholder-Interviews und Value Stream Mappings eingehender beleuchtet und analysiert. Ziel dieser Phase ist die Erarbeitung der folgenden Inhalte:

  • F&E relevante Kennzahlenerhebung
  • Projektstrukturanalyse
  • Value Stream Mappings für Referenzprojekte
  • Zentrale F&E Handlungsfelder

Die Stakeholder-Interviews werden als teilstrukturierte (einstündige) Einzelgespräche durch-geführt, in denen Aussagen über den Status Quo wie auch zu möglichen Verbesserungsmaßnahmen gesammelt und aggregiert werden. Mit Hilfe von Videokonferenzsystemen wie Microsoft Teams, Zoom oder Skype lassen sich die Interviews einfach und unkompliziert virtuell durchführen. Es sollte darauf geachtet werden, dass die ausgewählten Interviewteilnehmer die verschiedenen Ebenen und Abteilungen einer Organisation gut abdecken, um so ein möglichst repräsentatives Diagnosebild zu erhalten. Insgesamt sollten zehn bis 15 Interviews durchgeführt und so geplant werden, dass pro Tag bis zu vier Interviews stattfinden, mit ausreichend Zeit für eine detaillierte Nachbereitung eines jeden Interviews.

Auch das Value Stream Mapping lässt sich sehr gut in den virtuellen Raum überführen. Zunächst wird für die beiden Referenzprojekte ein Template für den Projektablaufplan in PowerPoint oder einem digitalen Whiteboard erstellt. In der ersten Working-Session befüllt das Projektteam das Template und identifiziert Herausforderungen in der Projektabwicklung. Die zweite Working-Session dient der Analyse der gesammelten Herausforderungen hinsichtlich Ursache („Root Cause“) und Auswirkungen (siehe Abb. 5).

Jede Working-Session ist so aufgesetzt, dass eine Gesamtdauer von zwei Stunden nicht überschritten und die Arbeitsphasen in kürzere Abschnitte eingeteilt werden, mit ausreichend Pausen dazwischen. Dies hilft, die Motivation und das Konzentrationslevel aller Teilnehmer möglichst hochzuhalten und unterstützt das Gelingen des Value Stream Mappings.
In den beiden Working-Sessions des Value Stream Mappings sorgt der Moderator dafür, dass sich möglichst alle Teilnehmer an der Diskussion beteiligen. Dazu ist auf eingeschaltete Videokameras zu achten. Der Moderator hat dadurch alle Teilnehmer im Blick und kann gezielt einzelne Teilnehmer, die beispielsweise abgelenkt wirken, ansprechen und einbinden. Für die Live-Dokumentation der Arbeitsergebnisse wird der Moderator darüber hinaus von einer weiteren Person aus dem Moderatorenteam unterstürzt. Diese Person ist für die Live-Dokumentation aller Arbeitsergebnisse verantwortlich.

Solution Shaping

In der Solution Shaping Phase werden in drei bis vier virtuellen Workshop Tagen verschiedene Lösungselemente für die in der Analysephase identifizierten Handlungsfelder erarbeitet, um sie anschließend in eine Implementierungs-Roadmap zu bringen. Im Kern dieser Phase stehen Work Cells, in denen die folgenden Inhalte ausgearbeitet werden (siehe Abb. 6):

  • Lösungselemente
  • Inhaltliche Stoßrichtungen
  • Implementierungsstufen
  • Implementierungs-Roadmap
Abbildung 6: Beispielhafte Ergebnisse des Solution Shaping


In mehreren Work Cells entwickeln die Teilnehmer eine Vielzahl verschiedener Lösungselemente, für die in der Analysephase identifizierten Handlungsfelder (siehe Abb. 7).
Es wird hierbei ausschließlich visuell gearbeitet, um die Kreativität der Teilnehmer voll ausschöpfen zu können. Dies kann auch bei der virtuellen Durchführung realisiert werden. Hierfür benötigen die Teilnehmer allerdings die passende technische Infrastruktur aus Notebook mit Eingabestift und müssen im Umgang damit vertraut sein. Ist dies der Fall, können Lösungselemente direkt in PowerPoint oder einem digitalen Whiteboard visualisiert werden.

Abbildung 7: Entwicklung von Lösungselementen in Work Cells (Screenshot aus Tool „MURAL“).

Liegt eine solche technische Infrastruktur nicht vor, werden in den Work Cells verschiedene Templates befüllt und die Lösungselemente vorwiegend textuell beschrieben. Optional können Skizzen auf einem Blatt Papier erstellt, mit dem Smartphone digitalisiert und in die Templates integriert werden.
Um die einzelnen Work Cells im Workshop zu organisieren und zu koordinieren, empfiehlt sich ein virtuelles Kanban Board – entweder in Excel oder einem digitalen Whiteboard (siehe Abb. 8). Dadurch können die zu bearbeitenden Themen einer Gruppe zugeordnet werden. Ob ein Thema von einer Gruppe gerade bearbeitet wird oder bereits abgeschlossen ist, lässt sich mit vorab definierten Farbcodes kennzeichnen.

Abbildung 8: Auszug aus einem Kanban-Board (Screenshot aus Tool „Miro“).

Damit sich die Teilnehmer entsprechend des Kanban-Boards möglichst schnell in die Work Cells begeben können, gibt es zwei unterschiedliche technische Möglichkeiten, abhängig vom genutzten Videokonferenzsystem. Bei Zoom und Microsoft Teams können die Teilnehmer am Ende einer Plenumssession direkt auf virtuelle Gruppenräume aufgeteilt werden. Kommt Skype zum Einsatz, gilt es die Gruppenräume im Vorfeld des Workshops als einzelne Besprechungen in Outlook einzurichten und die Besprechungslinks an die Teilnehmer zu verschicken.
Für die Einhaltung von Zeitvorgaben während der Gruppenarbeiten ist ein Mitglied des Moderatorenteams verantwortlich, dass sich in der Rolle des Time Keeper laufend in die Gruppenräume einwählt und die Teilnehmer auf die verbleibende Restzeit hinweist. Am Ende einer jeden Gruppenarbeit werden die Arbeitsergebnisse via E-Mail an das Moderatorenteam geschickt oder über ein gemeinsames Arbeitsverzeichnis, beispielsweise in Microsoft Teams, geteilt.

Durch einen regelmäßigen Wechsel zwischen Work Cells und Plenumssession lässt sich die richtige Balance zwischen Interaktion und Entschleunigung finden. Die Plenumssessions werden genutzt, um Ergebnisse zu sichten und sich gegenseitig Feedback geben zu können.
Ein wichtiges Element des Solution Shaping ist das Jury Meeting am Ende des zweiten Workshop Tages. Die Jury besteht aus Vertretern des mittleren bis Top-Managements. Das Projektteam stellt ihnen die bis zu diesem Zeitpunkt erarbeiteten Ergebnisse vor.
Bei Onsite-Workshops wird das Jury Meeting als Gallery Walk durchgeführt und die Ergebnisse im Raum ausgestellt. Dieser Ablauf lässt sich im virtuellen Raum ebenfalls sehr gut umsetzen, insbesondere mit Hilfe von digitalen Whiteboards, bei denen eine Aufbereitung der Inhalte für das Jury Meeting entfällt.

Die Herausforderung bei der virtuellen Durchführung des Jury Meetings besteht darin, die Vertreter der Jury zu Beteiligten im Lösungsprozess zu machen und ein Commitment der Jury im Hinblick auf die erarbeiteten Lösungen zu bewirken. Deshalb sollte über eingeschaltete Videokameras der Blickkontakt zur Jury gehalten werden, um so Fragezeichen in den Gesichtern der Jury erkennen und beantworten zu können. Der Moderator kann die fehlende nonverbale Kommunikation kompensieren, indem das Jury Meeting durch Leitfragen strukturiert und gesteuert wird. Darüber hinaus sollten Wortbeiträge, Fragen und Argumente für alle sichtbar mitgeschrieben werden. So entsteht eine Live-Dokumentation der Diskussion und zwischen den Teilnehmern wird ein echter Austausch ermöglicht.

Insgesamt lassen sich die zu erarbeitenden Inhalte des Solution Shaping, mit entsprechenden Templates in PowerPoint oder einem digitalen Whiteboard sowie Excel Tools mit Echtzeitauswertung, auch im virtuellen Raum realisieren. Für einen reibungslosen Ablauf im Workshop ist eine gründliche Vorbereitung entscheidend. Der Workshop-Ablauf sollte gedanklich und technisch durchgespielt werden, um so Verständnisschwierigkeiten bei den Teilnehmern und technische Unzulänglichkeiten vorzubeugen.

Fazit

Eine F&E Optimierung kann mit Hilfe von Videokonferenzsystemen und den richtigen Tools auch im virtuellen Raum erfolgreich umgesetzt werden. Dazu müssen die Formate und Methoden einer F&E Optimierung an die jeweiligen Rahmenbedingungen angepasst und im Vorfeld auf ihre technische Machbarkeit geprüft werden. Durch die virtuelle Durchführung ergeben sich allerdings eine Reihe von weiteren Herausforderungen, die es zu beachten gilt (siehe Abb. 9).

Abbildung 9: Stolpersteine und Herausforderungen einer virtuellen F&E Optimierung mit Lösungen und Geheimtipps.


Die wohl größte Herausforderung besteht im Herstellen von Kontakt über die räumliche Distanz hinweg. Denn auch für den virtuellen Raum gilt, dass sich die Teilnehmer kennenlernen, ein besseres Verständnis füreinander entwickeln und schrittweise Vertrauen aufbauen müssen. Dies sollte nicht nur über einen engen thematischen Austausch in Gruppenarbeiten und Plenumssessions realisiert werden, sondern auch über virtuelle Räume für Kaffee- und Mittagspausen.

Auch das Ablenkungspotential ist im virtuellen Raum naturgemäß höher als bei Onsite-Workshops. Hier empfiehlt es sich auf eingeschaltete Videokameras zu achten und die Teilhabe der Teilnehmer durch kürzere Arbeitsphasen im Wechsel mit Pausen sowie verschiedenen Aufgabentypen und eingesetzten Medien möglichst hochzuhalten.
Außerdem gilt es vor Beginn der virtuellen F&E Optimierung die Affinität der Teilnehmer im Hinblick auf eine virtuelle Zusammenarbeit und den Umgang mit Videokonferenzsystemen sowie digitalen Tools wie Miro oder MURAL zu klären. Ein technisches Onboarding im Vorfeld kann außerdem dabei helfen, den Teilnehmern die theoretischen Grundlagen der Tools und deren Funktionen zu vermitteln.

Unter Berücksichtigung der Stolpersteine und Herausforderungen einer virtuellen F&E Optimierung (siehe Abb. 9) lassen sich aus unserer Erfahrung heraus auch in Zeiten von Social Distancing ebenso gute Ergebnisse erzielen, wie bei einer Onsite-F&E Optimierung.

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Autor

Patrick Marschollek

Patrick Marschollek is a consultant at 3DSE Management Consultants GmbH in Munich. With more than 5 years of experience in consulting technology companies, he has industry expertise in MedTech, shipbuilding, and plant engineering, among others. His competencies are in the areas of R&D optimization, systems engineering, and innovation management.